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Das Jahresende rückt näher und in der Bundesliga wird der Herbstmeister gekürt. Davon kann man sich zwar nichts kaufen, aber der Statistik nach wird eben dieser Verein oftmals auch Meister der laufenden Saison. Ausnahmen bestätigen die Regel, wollen wir mal hoffen das es im diesen Jahr aber so bleibt. Und mit dem inoffiziellen Titel kommen auch die Tage der Trostlosigkeit. Was ist nun zu tun wenn der Nachmittag am Samstag ausfällt? Im Amateurbereich werden diverse Hallenmeisterschaften gespielt und der allgemeine Profi nutzt die Zeit um die Füße hochzulegen.
Auf dem Streamingdienst Netflix sind zwei wunderbare Dokumentationen über das wunderbare Spiel auf dem saftig grünen Rasen erschienen. Becoming Champions ist Fußballgeschichte in ihrer reinsten Form. Alle vier Jahre treffen sich die unterschiedlichsten Nationen aus den verschiedensten Verbänden, um sich bei diesem großartigen und mit unter auch äußerst fragwürdigen Spektakel zu duellieren. Die einzelnen Nationalmannschaften schicken ihre wohl besten Spieler aufs grüne Parkett und hoffen am Ende diesen wunderschönen goldenen Pokal mit ausgestreckten Armen in die Lüfte zu heben. Das ist bei der langen Traditionen dieses Turniers bisher nur acht Nationen gelungen. Bis hierhin nichts Neues für euch.
Warum aber sollte man sich nun die rund 9 Episoden anschauen? Der Hauptgrund für mich war: Jede Nationalmannschaft wird von ehemaligen Spielern, Journalisten, Historikern und anderen Personen in gut 50 – 60 Minuten beleuchtet – das sowohl positiv wie auch negativ. Wie kann es sein das die “Hand Gottes” im Rest der Welt als Schande gesehen, aber in Argentinien eher als “gerissen / geschickt / clever” gesehen wird? Was ist die sogenannte “deutsche Mentalität” und wie hat sich der Fußball in Deutschland ab den 2000ern entwickelt und verändert? Warum hat es England nur einmal zum Gewinn des Titels geschafft? Sagt von sich aus aber der Erfinder des uns bekannten Spiels zu sein und war ebenso dafür verantwortlich das die Faszinationen für diese Sportart weltweit verbreitet wurde. Wann wurde Frankreich eigentlich zur Fußballnation und ist es überhaupt eine? Warum gelang es Spanien so viele Jahre nicht in den entscheidenden Spielen ihr Potenzial abzurufen, obwohl es immer großartige Spieler gab und wann genau ist Brasilien eigentlich abgestürzt?
Die ganz großen Emotionen liegen gerade bei diesem Turnier so nah beieinander, weil es für viele Spieler manchmal nur diese eine Chance gibt. Legenden wurden geboren, die sogenannten “Klassiker” in dramatischen Schlachten geschlagen und der Sieg sowie die Niederlage meist nur an wenigen Momenten ausgemacht wird. Es ist auf der einen Seite schön zu sehen und man kann sich entspannt zurücklehnen, denn große Skandale wie Sie die FIFA selbst produziert hat oder wie dramatisch und abartig manch Umstände waren, seht ihr hier eher kaum. Vielleicht und gerade deshalb sollte man die aktuellen Verlauf noch kritischer beobachten, denn der Fußball als solcher ist im Wandel und nimmt immer monströsere Formen an.
https://twitter.com/FIFAWorldCup/status/1078391817937276929
Mit der zweiten Dokumentation geht es ganz weit weg von Glanz und Gloria. Keine Superstars. Keine großen Pokale. Keine großen Feiern oder andere Sensationen. Dennoch nicht weniger, eher noch viel emotionaler und zum Teil sehr ergreifend. Der englische Fußballverein AFC Sunderland ist aus der 1. englischen Liga, der Premier League, abgestiegen. Was nicht heißt das es den Vereinen in der zweiten englischen Liga (Football League Championship) finanziell schlecht geht. Ganz im Gegenteil: Die Vereine geben unglaubliche Summen an Geld aus – im Vergleich zur ersten englischen Liga zwar ein Witz, aber im deutschen Vergleich wird dort das Geld aus den Fenstern geschmissen.
Ganz konkrete Zahlen dazu konnte ich nicht finden, aber allein in der Transferperiode 17/18 gaben die englischen Vereine der 2. Liga auf dem Transfermarkt ca. 236 Millionen Euro aus. Die 2. Bundesliga erzielt im Vergleich “magere” 186 Millionen Euro an TV-Geldern. Der Vergleich mag hinken, gebe ich zu. Er zeigt dennoch auf wie unterschiedlich Finanzstark die Ligen sind.
Kommen wir zurück zum AFC Sunderland. Wenn man sich vorher und über viele Jahre von der saftigen Brust der Premiere League ernähren konnte, ist der finanzielle Abstieg dennoch gegeben und man muss aufpassen nicht zu tief zu fallen. Bei der Dokumentation dachte und erhoffte man sich wahrscheinlich einen Wiederaufstieg zurück ins Oberhaus filmisch begleiten zu können. Leider aber wurde es trotz der Kameras kein Happy End. Der Verein stürzte nochmals ab.
In den insgesamt acht Episoden sind wir hautnah dabei. Ob beim Training, bei Transfers, bei den Spielern, in der Küche, den diversen Büros und natürlich bei den Fans die mit ganzem Herzen dabei sind. In nur wenigen Momenten wurde das Team gebeten die Kamera auszustellen. Und das ist der allergrößte Pluspunkt an der Dokumentation! Persönlich habe ich keinerlei Bezug zum AFC Sunderland und habe mich in der Vergangenheit auch nicht sonderbar groß für den Verein interessiert, aber die tiefen Einblicke waren absolut interessant und spannend.
Ich saß oft kopfschüttelnd vorm TV und konnte manchmal gar nicht fassen wie fahrlässig die Spieler auf dem Platz agierten. Dann in die Augen der Fans zu blicken und diese Traurigkeit zu sehen brach auch mir an manchen Stellen das Herz. Fußball ist so schwierig und kann so einfach sein. Fußball ist aber auch und das kann ich absolut verstehen, ich selbst bin seit 26 Jahren dabei, eben mehr als nur ein Sport. Für manche ist es alles und für andere Religion. Ich hätte mir an einigen Stellen gewünscht das die Fans anders reagieren, denn die Niederlagen endeten oft in Wut und manchmal auch in Hass – eben mehr Rückendeckung und Unterstützung wie man es auch von hier kennt. Denn schließlich sitzt man auch als 12. Mann mit im Boot (unschöne Bilder gibt es natürlich aber auch hier!). Das mag und wird aber wohl an der anderen Mentalität liegen bzw. wie mit Vereinen generell in England umgegangen wird – Besitztümer eines einzelnen Menschen die weder Land und Leute kennen, schätzen und achten. Um mich da weiter zu äußern bin ich aber zu wenig im Thema.
“Spieler kommen, Spieler gehen und wir bleiben” – diesen Spruch gibt es in diversen Variationen und ist jedem Fan ein Begriff. Die Wucht und mit welcher Intensität es in der Netflix-Serie Sunderland ’til i die dokumentiert wurde hat mich absolut beeindruckt. Wenn ihr Fan seid und dabei spielt der Verein keine Rolle – unbedingt anschauen! Ihr werdet die Folgen schneller als gedacht verschlingen, das verspreche ich euch und vielleicht haben wir auch mal das Glück und ein Verein aus dem deutschen Raum zeigt sich bereit Tore und Türen so für uns zu öffnen. Ich würde es begrüßen!
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=tIqatfxGB0M