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Karten und Videospiele – ich glaube mehr “Nerd” geht eigentlich kaum. Beides zusammen gab es einmal und hörte auf den folgenden Namen: The Eye of Judgement. Es ist ein rundenbasiertes Kartenkampf-Videospiel und erschien seinerzeit auf der mittlerweile betagten PlayStation 3. Weltweit erschien das Spiel am 25. Oktober 2007 – veröffentlicht durch Sony als Publisher in Zusammenarbeit mit dem Entwickler JAPAN Studios, die mittlerweile leider geschlossen wurden. Die Liste derer Spiele ist wirklich verdammt lang und wenn man sich den Wikipedia Artikel des Studios anschaut, dann staunt man nicht schlecht woran das Studio alles beteiligt war. Neben ziemlich viel Murks, waren auch einige Perlen dabei, bei dessen Entwicklung sie zum Beispiel unterstützend tätig waren: Bloodborne, The Last Guardian, Shadow of the Colossus um nur einige zu nennen.
Atmen wir kurz durch und kommen zurück zu The Eye of Judgement. Das Spiel zeichnete sich durch folgende Merkmale aus:
- PlayStation Eye Kamera samt Stativ und einem 3 x 3 Felder großen Spielfeld
- Es gab insgesamt 310 Karten mit Kreaturen aus den Elementen Erde, Holz, Wasser, Feuer und weiteren Merkmalen wie Biolith und Zauber.
- offline Duelle gegen die KI wie auch gegen Freunde. Online konnte sich ebenfalls duelliert werden.
Die Tischmatte, also das Spielfeld, hatte eine Größe von 3 x 3 Feldern und die Sammelkarten wurden von der PlayStation Eye Kamera via CyberCode-Matrixcode erkannt. Ihr habt die Karte also für die Kamera erkennbar unter die Linse gehalten oder auf’s Spielfeld abgelegt und innerhalb weniger Sekunden wurde die Karte erkannt und aktiviert. Das funktioniert außerordentlich gut und hatte einen wahnsinnig tollen Effekt, weil ihr die Figur, die Kreatur und die Effekte quasi ins Wohnzimmer holen konntet. Mixed Reality Anno 2007. Mächtig beeindruckt war ich, weil ich die Karten oft auf meine Handfläche legte und die Kreaturen auf meine Hand projiziert wurde, sich bewegte und ich mit ihr interagieren konnte. Gewonnen wurde ein Spiel, sobald ihr in Besitz von fünf Spielfeldern wart.
Doch wie lief das nun ganz genau ab? Mit jeder neuen Runde war es möglich Karten zu bewegen, ihre Position oder Ausrichtung zu verändern. Jede Aktion im Spiel kostete euch Mana. Die neun Felder waren, wie die Kreaturen selbst, nach Elementen sortiert. Die Elemente der Felder, jedes hatte zwei, konnten verändert werden, sofern ihr die passende Zauberkarte in eurem Besitz hattet. Außerdem war es möglich mit Zauberkarten aktiv ins Geschehen einzugreifen um zum Beispiel direkt Kreaturen anzugreifen. Habt ihr eine Karte mit dem dazugehörigen passenden Element auf ein Feld abgelegt, gab es einen Bonus von +2 Lebenspunkten – andernfalls verlor das beschworene Wesen -2 Lebenspunkte. Wichtig war zudem die Ausrichtung eurer Figur, da Angriffe von der Seite oder von hinten deutlich mehr Schaden verursachten.
Um die Immersion zu steigern wechselte das Bild auf eurem Fernseher/Bildschirm in einen Kampfmodus – dort kämpften eure Karten aktiv gegeneinander. Gerade letzteres klingt natürlich erstmal cool, war es auch, zumindest die ersten Male oder sobald neue unbekannte Karten ausgespielt wurden. Es nutzte sich aber verdammt schnell ab und “Aha-Effekte” verflogen in Desinteresse, da die Animationen viel zu repetitiv waren und mitunter sehr lange dauerten.
Doch warum scheiterte das Spiel und wieso ist es komplett in der Versenkung verschwunden? The Eye of Judgement war teuer. Das Starterset kostete um die 100 Euro und auch die Kartenerweiterungen waren nicht günstig. Ein Themendeck, bezogen auf das gewünschte Element mit 30 weiteren Karten war für ca. 12,50 Euro zu haben und Booster Packete mit mageren 8 Karten, schlugen mit einem Preis von ca. 8,50 Euro zu buche. Das hat in sich, und es ist natürlich bei vielen anderen Sammelkarten nicht anders, ein großes Problem: Du weißt am Ende nicht was du bekommst. Hallo Lootboxen! Wir kennen das alle. Nur um es einmal anhand der Booster zu verdeutlichen:
- Eine Boosterpackung enthält 8 Karten (5 gewöhnliche, 2 außergewöhnliche und entweder 1 seltene oder 1 sehr seltene). Ultraseltene Kartenchancen von ca. 1:60 Karten.
Die Rechnung ist also ziemlich simpel: Nimm viel Geld in die Hand und kaufe dir alle Karten, einige wirst du dann auch doppelt oder dreifach besitzen. Nur so hattest du in Online-Matches eine Chance. Sonst nicht. Das war wohl mit das größte Problem vom Spiel selbst. Ein anderer Punkt der mir sehr schnell Nerven kostete, das Spielfeld war immer gleich aufgebaut – meine Erinnerung mag mich täuschen und sollte ich mich irren, so korrigiert mich bitte.
Zum Veröffentlichungszeitraum waren Let’s Plays und Livestreams wie wir sie heute alle kennen noch überhaupt gar nicht populär und so hätte das Spiel vermutlich zu einem deutlich späteren Zeitpunkt wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt bekommen? Eine These von mir. Man stelle sich nur vor Person X mit genügend Abonnenten im Rücken spielt es und sorgt so für einen Hype. Natürlich hätten hier und da einige Spielmechaniken angepasst werden müssen und aus heutiger Sicht wäre diese Dilemma mit den Kartensets in einem Spiel das davon so untrennbar abhängig ist, ein absolutes Unding.
Ein weiteres Problem war die zu dem Zeitpunkt des Releases noch geringe installierte Hardware der PlayStation 3 – dadurch wurden nur wenige Einheiten vom Spiel verkauft, was schlussendlich dazu führte, das die Server zum Spiel bereits nach drei Jahren, am 30. September 2010, wieder abgeschaltet wurden. Dem Spiel wurde damit der größte Anreiz genommen. Du gegen den Rest der Welt. Der wohl eigentliche Todesstoß und das Ende vom Spiel. Denn funktioniert hat es und konnte durch seine Mechaniken verdammt knifflig und strategisch werden.
Zugegeben ist der Titel vom Artikel etwas reißerisch und entspricht nicht ganz meinem Fazit. Das Spiel war dennoch, zumindest nach meinem empfinden, seiner Zeit etwas voraus und hatte ein sehr gut funktionierendes Spielsystem, das heute aber so in der Form nicht mehr funktionieren würde. Generell ist der Zug abgefahren von Peripherie die sich millionenfach verkauft. Aber wer weiß? Totgeglaubte leben länger und vielleicht erleben wir etwas ähnliches irgendwann wieder? Das Trading Card Games funktionieren wissen wir – meist haben aber diese Spiele eine große Marke im Hintergrund, wodurch bei möglichen Käufer*innen gleich die richtigen Synapsen angezapft werden. Heutzutage würde es durch Let’s Play und Livestreams auf jeden Fall mehr Wertschätzung und Aufmerksamkeit erfahren, als es zu seiner Zeit möglich war. Falls die Rocket Beans irgendwann mal wieder ein Royal Beef veranstalten, dann nehmt doch The Eye of Judgement mit ins Programm.