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Amenra

Zugegeben – der erste, akustische Kontakt mit Amenra hinterlässt äußerst bedrückende, verstörende Spuren. Auch eine Livesituation macht die ganze Sache sicherlich nicht besser. Eher das Gegenteil ist der Fall.

Als ich vor rund einem Jahr durch einen Freund auf Amenra aufmerksam gemacht wurde, fiel es mir recht schwer einen akustischen Zugang zu finden – und das, obwohl ich extremeren Bands grundsätzlich nicht abgeneigt gegenüber stehe. Es lag scheinbar an den massiv brutalen Vocals von Frontman Colin H Van Eeckhout, mit denen ich anfangs absolut nichts anfangen konnte. Auf der anderen Seite habe ich eine solch extreme Form des Gesangs bis dato bei keiner anderen Band vernommen – also war das Ganze recht interessant und somit bohrte sich der Name Amenra auf seltsame Weise in meine Gehirnlappen.

Und Dinge, die man stets irgendwo im Hinterkopf hat,  bleiben beständig. Dann hört man ein zweites mal rein, und ein drittes mal und ein viertes mal und spätestens dann ist es soweit – man ist gefangen. Klar, die vermittelte Stimmung ist nach wie vor fürchterlich und strotzt nur so von Verzweiflung, Schmerz und Leid, aber hey: Wer hat eigentlich behauptet, dass Musik zwangsläufig gute Laune machen soll?


Foto: Alexander Klich

Als ich Amenra dann schließlich auf dem Radau gegen HIV 23 live erleben durfte, war ich fassungslos vor Begeisterung. Selten habe ich einer so dermaßen intensiven und durchstrukturierte Show beigewohnt. Alleine die Tatsache, dass Frontman Van Eeckhout in einer zerfetzten Kluft mit dem Rücken zum Publikum stand und nicht ein einziges mal sein Gesicht zeigte, vermittelte ein so gnadenlos ungemütliches Gefühl, dass sich die Balken bogen. Die Videoleinwände, vollgepumpt mit verstörenden und verdammt geil produzierten Inhalten, setzten dem Ganzen noch die Krone auf. Der komplette Saal war durchflutet mit Nebel und es roch (!) sogar äußerst merkwürdig, da die Band Weihrauch auf ihren Konzerten einsetzt. Ernsthaft: Selbst Tool kriegen das nicht unbedingt besser hin.

Gegen Ende des Konzertes riss sich Colin H van Eeckhout dann schließlich sein Shirt vom Leib und ich fragte mich, genau wie so viele um mich herum, was zum Geier der Typ da eigentlich für ein krankes Tattoo auf dem Rücken trägt. Irgendwas Riesiges – Eine Mischung aus Galgen und umgedrehtem Kreuz, welches die gesamte Wirbelsäule bis zum Steißbein herunterreicht. Da der Gute nach dem Auftritt von sämtlichen Leuten auf eben dieses Thema angesprochen wurde, habe ich es mir dann allerdings geschenkt, ihm ein weiteres mal mit dem Thema auf die Eier zu gehen.


Foto: Luana Magalhães

Als ich mich dann später etwas eingängiger über die Band informierte, erfuhr ich, dass Amenra der sogenannten Church of Ra angehört (bzw. selbige ins Leben rief). Die Church of Ra ist ein Versuch, die Musik vom Band-Kontext zu lösen und ein Gesamtkunstwerk zu schaffen, in dem Klang nur ein Aspekt ist, der gleichberechtigt mit visuellem, ethischen Ansprüchen und sonstiger künstlerischer Expression verwoben wird. Das alles erklärt dann natürlich auch die großartige Videokunst, die den Leuten während der Livekonzerte um die Ohren auf die Augen gedrückt wird. Weitere Bands der Church of Ra sind unter anderem die grandiose Chaotic Hardcore Kapelle Oathbreaker mit der stimmlich wohl übertriebendsten Frontfrau die ich jemals gehört hab.

Amenra Live

Wie auch immer. Für mich persönlich ist Amenra die Entdeckung der vergangenen Jahre und ich kann mich fast nicht mehr erinnern, wann ich jemals eine vergleichbare Euphorie beim Hören von Musik empfand.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=47RFx97-RH4

Übrigens sind auch die Side- und Soloprojekte von van Eeckhout absolut nicht zu verachten. Auf die Gefahr hin, dass ich jetzt wie ein männlicher Groupie klinge, aber ich bin tatsächlich von ziemlich allem begeistert, was der Kerl so treibt. Ja, es ist Randgruppenkram, dessen bin ich mir bewusst 🙂

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=Lh8-psNrxxw

I’m a sudden hissing,
right behind your ear.
A white noise,
but it’s quiet now,
I am reason,
I am fear.

Marco
Marco
Seit 1987 dabei. Von SEGA irgendwann bei der PlayStation gelandet. Hin und wieder auch Mal Maus und Tastatur - aber am liebsten doch mit einem Controller in der Hand.

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