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Stela – eine stumme Reise

Ich erinnere mich noch genau, als ich das erste Mal Journey auf der PS3 gespielt habe. Es war ein verregneter 17. März 2012. Es war Samstag und ich hatte dieses Wochenende keine große Lust, irgendwas Besonderes zu machen. Zu der Zeit war ich gerade zu Besuch bei einem Freund und hatte meine PS3 dabei. Ich hatte, eigentlich mehr aus Langeweile als aus Interesse, 20€ in das Spiel investiert. Einfach weil ich was Neues und Kurzweiliges zocken wollte. Es zog mich sofort in seinen Bann, das hatte ich so überhaupt gar nicht erwartet. Die Spielwelt, diese Einsamkeit mit sich selbst und dieser fremden Welt, von der man nicht weiß, ob Freund oder Feind. Diese Geschichte, die erzählt wird, ohne auch nur ein Wort zu sprechen.

Was das jetzt mit Stela zu tun hat? Es ist genauso wie Journey, Limbo oder Inside – ein Spiel, wo ihr eine Reise antretet. Eine Reise durch eine Welt, die ihre Geschichte erzählt, indem man sie erlebt und keine Textboxen studiert oder mit anderen Charakteren interagiert. Ein Spiel, das eher in die Sparte Traumreise oder Kunstprojekt fällt. Ein Spiel, das nur von seiner ganz eigenen Atmosphäre lebt. Ein Spiel, das zwischen Anspannung und Entspannung wechselt. Und das im Sekundentakt. I like it!

Aber nun erstmal zum Inhalt – so wie ich ihn verstehe. Ihr spielt eine junge Dame im weißen Gewand. Ihr erwacht in einer kleinen Höhle unter einem schwebenden Stein und wisst erstmal genau so viel wie die Protagonistin selbst, nämlich nichts. Instinktiv rennt ihr nach rechts wie in jedem x-beliebigen Jump ‘n’ Run Spiel. Und so beginnt das Rätseln. Wer seid ihr? Wie seid ihr dahin gekommen und wieso ist diese Welt um euch herum so verdorben und böse?

Denn alles, wirklich alles, was in dieser Welt lebt, will euch ans dürre Leder. Es scheint, so als ob die Welt eine Apokalypse erlebt hat und nun das Gesetz des Stärkeren die vorherrschende Politik darstellt. Alles klar soweit?

Ihr befeindet euch permanent auf der Flucht. Selbst die Flora hat euch zum fressen gern.

Ihr befindet euch permanent auf der Flucht. Selbst die Flora hat euch zum Fressen gern.

Auf dem Weg zu eurem unbekannten Ziel durchstreift ihr verdorrte und/oder brennende Wälder, verlassene Ruinen, Eiswüsten und noch mehr untergegangene Zivilisationen. Zu jedem Schauplatz kann man sich nun Gedanken machen, was hier wohl passiert ist, denn Erklärungen dazu findet hier keine. Hier lädt das Spiel zum Fantasieren ein. Etwas, worauf man stehen muss. Aber auch hier: “I like it!”

Zu jeder Zeit will das Spiel episch wirken. Dies gelingt Stela nur teilweise.

Was ich nicht so sehr like ist, Stela macht kein Hehl daraus, das es von Inside oder Limbo inspiriert ist. Somit fehlt dem Spiel irgendwie eine eigene Seele. Ja ja, das ist meckern auf hohem Niveau. Aber ich habe immer das Gefühl gehabt, eine Mod von besagten Spielen zu spielen. Die minimalistische Grafik könnte man noch als persönlichen Stil aufzählen, wäre da nicht auch die auffällige Ähnlichkeit zu Inside. Jedoch nicht mit der Liebe zum Detail. Teilweise sieht man extrem matschige Texturen, wo man sich denkt: “Hier hätte man nochmal Feinschliff betreiben können!” Dazu läuft das Spiel selbst auf meiner Xbox One X an einigen Stellen nicht gerade flüssig und so fällt die Framerate manchmal deutlich herab. Sehr schade!

Die Trial- and Error-Passagen sind dazu leider auch nicht immer fair. An manchen Stellen habt ihr keine andere Wahl, als in den Tod zu rennen, nur um dann erst zu wissen, was ihr eigentlich genau tun müsst. Die geistigen Väter haben das besser hinbekommen. Hier konnte man immer an der Umgebung oder Gestaltung des Rätsels durch gutes Aufpassen herausfinden, was nun eure Aufgabe ist. Stela lässt euch erstmal eiskalt ins Gras beißen.

Stela kann optisch auch anders, leider  ist  dieses anders sehr hässlich.

Stela kann optisch auch anders, leider ist dieses Anders sehr hässlich.

Was mir auch nicht besonders gut gefiel: Stela kommt nicht ohne Cuts aus. Ich erkläre euch, was ich damit genau meine: Während sich Inside und Limbo in einem Rutsch durchspielen lassen, ohne die Szenerie zu wechseln oder das Bild ausblenden zu lassen, kommt es in Stela einige Male vor, das eine Szenenwechsel durch eine kleine Abdunklung des Bildes eingeleitet wird. Das ist jetzt nicht schlimm, aber riss mich doch etwas aus dem Geschehen.

Aber ich will nicht so sein. Ganz im Gegenteil, es sollte viel mehr von solchen Spielen geben! Ich habe Stela trotz kleinerer Fehler sehr genossen. Mit rund 6 Stunden Spielzeit ist dies das perfekte Spiel für einen gemütlichen Sonntagnachmittag.

Stela ist ein sehr ambitioniertes Projekt, das etwas mehr Liebe zum Detail hätte vertragen können. Einige Szenen wirken sehr uninspiriert und wirken daher fehl am Platz. Dennoch kann ich dem Spiel nicht aberkennen, dass es seinen eigenen Charme hat. Es ist kein schlechtes Spiel und ich hatte durchaus meinen Spaß. Jedoch kann es in Sachen Mystery und Storytelling nicht mit seinen großen Brüdern mithalten. Für die Leute wie mich, der auch Spiele mit künstlerischem Ansatz sehr mag, so möchte ich trotz meiner Kritik eine klare Empfehlung aussprechen! Alle anderen sollten lieber bei klassischen Jump ‘n’ Runs bleiben.

Marco
Marco
Seit 1987 dabei. Von SEGA irgendwann bei der PlayStation gelandet. Hin und wieder auch Mal Maus und Tastatur - aber am liebsten doch mit einem Controller in der Hand.

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