SpielBar #154 – Neun Fragen immer noch ohne Alkohol.
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Das französische Entwicklerstudio Splashteam, welches unter anderem für den wohl grandiosen 2D-Plattformspieler Splasher verantwortlich ist, ich selbst habe es nicht gespielt, veröffentlichte 2022 Tinykin. Es ist ein fantasievoller und sehr angenehmer 3D-Plattformer, der euch im wahrsten Sinne des Wortes über den Tellerrand schauen lässt, um in Alltagsgegenständen einen neuen Zweck zu finden.
Ihr übernehmt die Rolle von Milo, einem Entdecker und Astronauten, der sich in einem vollgestopften Haus auf dem Planeten Erde wiederfindet. Aber dieses Haus hat eine ungewöhnliche Atmosphäre und es gibt keine Menschen. Stattdessen wird jeder Raum von einer Reihe gesprächiger Insekten heimgesucht, die schnell Milos Hilfe anfordern, um die Belohnung für etwas zu erhalten, dass wir als alltäglichen Haushaltsgegenstand betrachten. Für Milo sind sie jedoch der Schlüssel zur Reparatur seines Schiffes und schließlich zur Rückkehr nach Hause.
Es klingt sehr nach Pikmin trifft auf Chibi-Robo und wie zu erwarten ist, kann Milo das Abenteuer nicht alleine meistern. Milo erhält nicht nur die Hilfe eines weisen Ältesten, Ridmi, sondern muss sich auch auf NPCs und eine eigenartige Spezies namens Tinykin verlassen. Die hilfreichen und freundlichen Wesen helfen euch beim lösen von Rätsel, Hindernisse zu überwinden und Schalter zu betätigen.
Tinykin sind also wie Pikmin kleine, freundliche Kreaturen, auf die sich Milo verlässt, um voranzukommen. Im Gegensatz zu Pikmin findet man sie in bunten “Eiern” in jedem Raum oder gefangen in Kisten und schreiend um Hilfe, was zu einem süchtig machenden „Sammler“-Gameplay-Element beiträgt.
Es gibt fünf Arten von Tinykin, alle in verschiedenen Farben und alle mit einer einzigartigen Eigenart, die auf die eine oder andere Weise nützlich ist. Während die Blauen dabei helfen, Stromverbindungen herzustellen, können die Grünen eine Leiter bauen, um hochgelegene Orte zu erreichen. Es ist wichtig in jedem Bereich so viele wie möglich zu sammeln. Um die Sache zu vereinfachen, wendet das Spiel automatisch den am besten geeigneten Tinykin für jede ausgewählte Aufgabe an, unabhängig davon, ob ihr eine Brücke zwischen zwei Plattformen bauen oder ein schweres Objekt bewegen müsst.
Diese niedlichen Tiere können nach Belieben von euch eingesetzt werden und sie folgen euch, ohne dass ihr ein wachsames Auge auf die kleinen Helferlein haben müsst. Obwohl das Spiel sofort viele Pikmin-ähnliche Merkmale aufweist, gibt es einige Unterschiede, die es zu mehr als einer Kopie machen. Tinykin sind zum Beispiel viel seltener. In jedem Level findet ihr jedoch genügend der glubschäugigen Wesen, um euch bequem durch das Abenteuer zu führen. Da es keinen Kampf gibt, besteht außerdem keine Notwendigkeit, einen Tinykin zu opfern. Eine gute Nachricht für diejenigen unter uns, die wegen jedes verlorenen Pikmin schreckliche Schuldgefühle verspürten.
Jedes Mal, wenn Milo auf eine neue Unterart von Tinykin trifft, stellt eine cartoonartige animierte Zwischensequenz kurz die Fähigkeiten der Kreatur vor. Anstatt das 3D-Erscheinungsbild beizubehalten, spiegeln diese Animationen den 2D-Stil von Milo und den Tinykin wider. Sie dienen im Vergleich zur Bombardierung mit Textfeldern als erfrischende Tutorials. Und wenn die Animation es nicht klar macht, gibt es immer praktische Übungen mit der Tinykin, nicht weit von dem Ort entfernt, an dem ihr sie zum ersten Mal getroffen habt.
Zu jedem guten Jump ‘n’ Run gehört auch eine präzise Steuerung. Die ist auch direkt, intuitiv und einfach. Ein kleiner Nachteil der Kombination aus 3D-Levels und einem 2D-Protagonisten ist jedoch das Problem mit der Tiefenwahrnehmung. Manchmal gelingen die Landungen nach Sprüngen dadurch nicht wie gedacht, auch wenn der Schatten unter Milo Orientierung geben soll.
Abgesehen von diesem kleinen „Problem“ fühlte sich die Steuerung wie bereits erwähnt sehr gut an. Ein wirklich schönes und süßes Detail war – um schneller von A nach B zu kommen, surft ihr auf einem Stück Seife durch die unterschiedlichen Zimmer.
Das Gameplay ist weitgehend stressfrei und im Gegensatz zu Pikmin gibt es keinen Tag- und Nachtzyklus, der euer Abenteuer einschränkt. Es gibt keine größeren Antagonisten oder Bedrohungen für Milo selbst. Nur ein Sturz aus großer Höhe – und selbst dann erscheint ihr wieder auf der Plattform, von der ihr abgesprungen seid. Es gibt hier weder Frustration noch Anspannung. Einfachheit ist Teil der stressfreien Atmosphäre des Spiels und wirkt für mich weder schädlich noch langweilig.
Das vielleicht überzeugendste Element, wenn ihr sammeln als Konzept mögt, es gibt einiges zu entdecken. Zuvor verschlossene Bereiche eröffnen sich und es fühlte sich schön an, kleine Geheimgänge zu entdecken und die Nebenquests abzuschließen. Nach rund sechs Stunden ist die seichte Kampagne zu Ende und wer alles auf 100% abschließen möchte, der/die packt noch ein wenig Spielzeit mehr oben drauf.
Auf den ersten Blick sieht das Spiel unbestreitbar einem Pikmin sehr ähnlich. Splashteam hat meiner Meinung nach ausreichend Unterschiede geschaffen, um Tinykin seine eigene charmante Persönlichkeit zu verleihen. In Nintendos Serie geht es um Ressourcenmanagement und eine richtige Echtzeitstrategie, die Tinykin nicht interessiert. Was Splashteam hier bietet, ist ein stressfreies und sehr angenehmes Plattformerlebnis.
Insgesamt ist Tinykin mehr als nur ein runder, stressfreier 3D-Plattformer oder „Pikmin Lite“. Es ist die Einfachheit im Spiel selbst die mich entschleunigte. Selbst mit einer Vielzahl an Sammlerstücken und einer frei fließenden Handlung wirkt Tinykin nie überladen oder überwältigend. Auch wenn es sich auf den ersten Blick stark wie eine bestimmte Nintendo-Serie anfühlt, hat das Spiel genügend einzigartige Identität, um sich von der Masse abzuheben.