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Zwei Typen auf Geschäftsreise, pt.1

Es ist so: Mittlerweile habe ich die heilige Grenze der 30 bereits seit einigen Jahren mehr oder minder erfolgreich hinter mich gelassen. Wenn ich den Blick nun allerdings über meine Umgebung walten lasse, stelle ich immer wieder fest, dass diese Grenze in meinem Falle offensichtlich nur physische Schäden hinterlassen hat. Irgendwie ist dieser quengelnde, hüpfende und hibbelige Bengel in mir nie so richtig verschwunden und scheint nach wie vor in meinem Gehirn wild an bunten Hebeln herumzuzerren. Und das gefäll mir sogar, … diese Werteverschiebung, für die es eigentlich keine adäquate Bezeichnung zu geben scheint.

Es liegt in meinem Wesen stundenlang über die Ghostbusters philosophieren zu können, sämtliche DOOM-Cheatcodes im Schlaf runterzubeten oder mehr Zeit mit der ordnungsgemäßen Sortierung seiner Vinylsammlung zu verbringen, als andere Leute ihr Auto putzen. Müslisorten suche ich anhand der Farben, Formen und Knusperanteile aus und lege wenig Wert auf die Nährwerttabelle. Dinge werden für mich erst zu richtigen Dingen, wenn sie selbst gemacht, mit einem Sticker oder Filzstift personalisiert wurden. Die Helden meiner Kindheit sind überall präsent. Stellenweise fühlt man sich damit natürlich wie ein Alien, was nur so mittelmäßig angenehm ist, aber zum Glück wurde das Internet erfunden und dieser Laden hier ins Leben gerufen. Und zum Glück lernte ich den guten Marco kennen, der nämlich eine ähnlich krude Persönlichkeit aufweist. Und zum Glück planten Marco und ich dann irgendwann eine Reise in eine grässliche Großstadt namens Frankfurt – oder fast Frankfurt oder so ähnlich. Es sah eigentlich aus wie der Osten. Obwohl der Osten einen ganz besonderen Charme hat. Dort wo wir gewesen sind, war es einfach nur scheußlich.

Aber warum, beim Barte des Propheten, fährt man als Kindskopf-Gang denn nun nach Frankfurt oder fast Frankfurt oder in den Osten, der gar kein Osten, sondern nur ein billiger Replikant des Ostens ist und außerdem total scheußlich aussieht?!

Weil dort die KUSCHELMUSCHEL und seit neuestem auch die KUSCHELMUSCHEL RELOADED zu finden sind, liebe Damen und Herren! Die Kuschelmuschel ist DIE Instanz für Hardcore-Nerds und Menschen, die verzweifelt versuchen das Erwachsensein mit einem Knüppel aus ihrem Leben zu treiben. Die Kuschelmuschel ist das Mekka der Plastikherzen eines jeden Spielzeug- und Actionfigurverliebten in unserem Land!

Zugegeben: Äusserlich steht diesem Laden sein Website-Pendant in nichts nach 🙂

Der Ort, wo du auf Adrenalin durch die kreuz- und quer zugebumsten Regale marodierst und von einer Erinnerung in die nächste geworfen wirst. Es ist dieser eine (zwei) Ort(e), wo du Dinge in die Hand nimmst, die sonst nur noch in deinem Kopf vergraben sind oder sogar vergessen wurden. Wo deine wirklich-real-existente Hand ein Stück Spielzeug berührt, von dem du nicht weisst in wievielen Kinderpopos es in den letzten 20-30 Jahren steckte und wo du keinen blassen Schimmer hast, wieviele Viren und Bakterien an dem Teil wirklich kleben.

Aber das Beeindruckende ist, dass es dir in diesem Moment auch völlig egal ist. Denn die Figur, das Spiel, das Ding oder was auch immer ist – neben dem eigenen Körper – tatsächlich auch anwesend. Nicht in einem Paralleluniversum, sondern in der Jetzt-Zeit. Leute, Laser!

Plötzlich waren wir unseren Kindkeitshelden wieder so verbunden. Mit jedem Meter durch die prall gefüllten Regale öffneten sich neue Türen zu denen man irgendwann einmal den Schlüssel verlegte. Es war einfach nur wie eine Zeitreise durch die beste Zeit des Lebens. Wo Job, Rechnungen, Termine, Beziehungskrisen noch keine Bedeutung hatten und du einfach nur derjenige warst, der du bist: Du selbst.

In der ersten Sekunde entdecke ich die Fearsome Flush Toilet von Kenner aus dem Jahre 1989, in der zweiten Sekunde höre ich » Timo, komm hier hin und zieh dir den krassen X-Wing an der Decke rein! « und unterwegs entdecke ich dieses neonfarbene Monsterkuscheltier mit den Kettenhandschellen, dass ich mir jahrelang zu Weihnachten wünschte und niemals bekam. Und hier steht das Ding plötzlich. Einfach so. Da oben auf dem Regal. 90° Kehrtwende plötzlich ein provisorisch angebrachter Magazinständer mit sämtlichen TOTAL!-Nintendo Zeitschriften, von denen ich jedes einzelne noch kannte. Wie mein damaliger Freund Michi und ich uns tagtäglich an diesen Zeitschriften sattgesehen haben, unfassbar. Wir hatten damals natürlich nie Geld, um uns die ganzen abgebildeten Spiele daraus zu kaufen und auch unsere Eltern zeigten uns in regelmäßigen Abständen den Vogel.

Somit fotokopierten wir permanent heimlich auf dem Bürokopierer von Michis Dad die großen Heldenportraits von Mario, Yoshi, Samus und Link, um sie anschliessend mit Neonbuntstiften auszumalen. Immer und immer wieder. Wir erschufen uns eine ganz eigene Welt. Ich kannte jede verdammte Abbildung daraus als wäre es gestern gewesen und hätte fast eine kleine Träne verdrücken müssen, weil mit dieser Zeit eine ganz besondere Episode meines Lebens aufgestossen wurde, weil ich hier das erste mal mit einem üblen Schicksalsschlag konfrontiert wurde. Aber die Träne blieb drin, weil Marco und Niklas ständig irgendetwas neues entdeckten, was es zu begaffen galt.

Das ist jetzt wirklich nicht übertrieben: Du stehst 10 Minuten an einem Regal und scannst permanent die Reihen durch, plötzlich kommt ein Freund, greift irgendwo hin und kramt plötzlich etwas hervor, was du permanent übersehen hast. So ging es mir ständig. Das Kuschelmuschel ist somit auch ein Tempel der Mysterien – und der Gier. Wenn du nicht schnell genug bist, kauft dir ein Anderer den Artikel von der Nase weg, auf den du im schlimmsten Falle noch einmal 20 Jahre lang warten musst.

So geschehen mit der Figur von Robbie aus Die Dinos. Ich sah sie direkt zu beginn, wollte mir aber erstmal den Laden anschauen. Knapp zwei Stunden später war sie weg. Nun, nicht weg … lediglich in Marcos Besitz. Aber sei es ihm gegönnt. Meine Ausbeute bestand aus einer verdammt hochwertigen Link-Figur, einigen Buttons und einem Satz unglaublich wundervoller Star Wars Concept-Arts aus den 80ern, deren Verpackung zwar komplett ruiniert war, dessen Inhalt aber vollkommen neuwertig ist.

Ich hätte locker einen Taui dalassen können, dann wären die Lebensgroße E.T.-Figur, der geile X-Wing, ein heftig guter 1:1 Facehugger aus Alien 1 und ne coole Metroid-Glibberfigur mein. Aber hey – man muss nicht alles besitzen und was wirklich zählt war die Erfahrung einfach mal wieder in seine Kindheit zu fliehen. Das kannste nämlich mit Geld garnicht bezahlen. Dennoch hätte ich wahnsinnig gerne einige Moomin-Figuren ergattert. Egal.

Die beiden Läden sind wirklich wirklich wirklich einen Besuch wert. Selbst wenn ihr 4 Stunden fahren müsst. Aber was soll’s? Eine lange Autofahrt kann auch wirklich schön sein, zum Beispiel dann, wenn coole Leute mit der in der Karre sitzen und man eine fahrtfüllende Radio Nukular Folge hört, die Spielzeug der Kindheit als Thema hat und man plötzlich zu dritt ganz merkwürdig ausufernde Erinnerungen an die persönliche Zeit miteinander austauscht.

Danke Marco, danke, Niklas. Danke Kuschelmuschel.

Wir kommen bestimmt wieder 🙂

Marco
Marco
Seit 1987 dabei. Von SEGA irgendwann bei der PlayStation gelandet. Hin und wieder auch Mal Maus und Tastatur - aber am liebsten doch mit einem Controller in der Hand.

1 Comment

  1. […] Hier mal zwei Artikel vom Besuch in Seligenstadt – Flipper- und Arcademuseum und der Kuschel Muschel / Kuschel Muschel Reloaded. […]

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