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Als The Secret of Monkey Island erschien, war der Verfasser dieser Zeilen 8 Jahre alt und ein blasser Grundschüler. Das Jahr war 1990 und es war die Blütezeit der Point & Click Adventures, speziell von Lucasfilm/Lucasarts Games. Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich noch genaue Erinnerungen daran habe, wann und wo ich zum ersten Mal mit Monkey Island in Berührung kam, vermutlich im Zimmer eines Kumpels gemeinsam auf Stühlen vor aus heutiger Sicht winzigen Monitoren lümmelnd. Es ist auch ehrlicherweise nicht so, als wäre Monkey Island in meinem Videospielpantheon unantastbar und unauslöschbar verankert. Aber in Retrospektive erinnere ich mich an Spiele wie Monkey Island, Maniac Mansion, Zak MacKraken als beinahe mystische Ereignisse. Ich habe wahrscheinlich nicht mal die Hälfte davon selber oder alleine durchgezockt, aber das waren Spiele, über die man auf dem Schulhof sprach, die einem unendlich groß und komplex vorkamen und die einem beim Spielen kleine Angstschauer über den Rücken jagten, weil sie geheimnisvoll und teilweise sogar gruselig waren. Monkey Island, genauso wie sein Nachfolger “Le Chucks Revenge” waren kulturelle Ereignisse in der Welt eines (fast) Zehnjährigen.
Früher war alles besser – oder?
Warum ich dies zum Einstieg in eine Videospielbesprechung schreibe? Weil The Return to Monkey Island eine Rückkehr ist – und ich mich selber vorher fragte, wie sich das 32 Jahre später anfühlen wird, speziell in einem Genre, das ich heutzutage kaum noch spiele.
Aber eins nach dem anderen: Return to Monkey Island ist das insgesamt sechste Spiel in der Monkey Island Reihe. Das Besondere ist jedoch, dass es das erste Spiel seit “Le Chucks Revenge” im Jahr 1991 ist, das unter Federführung von Altmeister Ron Gilbert entstanden ist. Die Erwartungen waren also besonders bei alten Fans wohl ungleich höher als bei den letzten Spielen der Reihe.
Betrachten wir erstmal die Basics des Spiels: Grafisch hat Return to Monkey Island wenig mit dem zu tun, was der erste und zweite Teil boten. Es ist also nicht so, als wäre das Spiel mit der Rückkehr von Gilbert auch vom Look her ein “Retrogame”. Eher hat das Spiel die cartoonartige Prägung, die schon der dritte Teil “The Curse of Monkey Island” im Jahre 1997 eingeführt hat – schon zu dem Zeitpunkt unter Fans sehr umstritten, auch wenn ich mich erinnern kann, dass ich es damals technisch sehr beeindruckend fand. Man kann auch bei Return to Monkey Island unterschiedlicher Meinung sein, aber unabhängig davon ist das Ganze sehr liebevoll und technisch sauber umgesetzt. In der Summe fand ich den Look sogar ziemlich hübsch. Auch auf der Switch lief das Spiel zudem ohne irgendwelche Probleme.
Loben muss ich, wie schon damals, den Soundtrack des Spiels. Er bedrängt die SpielerInnen nicht oder lenkt ab, aber in den richtigen Momenten, z. B. wenn man das erste Mal über “Terror Island” wandert, spielt er groß auf. Auch lobenswert ist der Voicecast. Man hat hier zum Glück auf Konsistenz gesetzt und sowohl im englischen Original, wie auch in der deutschen Version, auf die gleichen Sprecher gesetzt, die schon seit “Curse of Monkey Island” und später in den Special Editions der ersten beiden Spiele, den Hauptprotagonisten ihre Stimmen verliehen.
Die Steuerung … nun ja, es ist halt ein Point & Click Adventure. Ihr lauft mit eurem Charakter umher und klickt sowohl Dialogoptionen als auch Gegenstände auf dem Bildschirm an. Ich habe es auf der Switch gespielt und habe keine Beschwerden, was die Steuerung angeht, zumal man auch den Touchscreen nutzen kann. Man merkt jedoch einfach, dass dieses Genre am besten mit Maus und Tastatur funktioniert.
Kommen wir aber zur eigentlichen Stärke von Return to Monkey Island: Das Writing. Ich glaube nicht, dass mir als acht- oder neunjähriger Bubi bewusst war, wie gut eigentlich schon damals viele der Lucasarts Adventures unter der Leitung von Ikonen wie eben Ron Gilbert oder auch Tim Schafer geschrieben waren, vor allem was den Humor angeht. Dass einige Zeilen über die Jahrzehnte im kollektiven Spielerbewusstsein überlebt haben (“Hinter Dir! Ein…”) – sollte eigentlich aber schon Beweis genug sein. Nun ja, Ron Gilbert hat es nicht verlernt. Während ich z.B. den gezwungenen, dumm-pubertären Humor der Borderlands-Reihe bis heute nicht verstanden und schon gar nicht als witzig empfunden habe, ja sogar davon abgeschreckt bin, zeigt Gilbert auch Jahrzehnte später noch, wie das geht, unnervige und charmant-witzige Dialoge zu schreiben.
Guybrush Threepwood ist einfach ein Charakter. Es fällt mir so viel leichter zu dieser komischen blonden Comicfigur eine Verbindung aufzubauen als z. B. bei vielen modernen und superernst geschriebenen Videospiel-Dramen, die einem als SpielerIn mit billigsten Mitteln Empathie oder Humor mit der Keule eintrichtern wollen. Es ist nicht so als würde hier ein Geniestreich nach dem anderen abgefeuert und ich könnte auch absolut verstehen, wenn man mit dem Humor der Lucasartsprägung gar nichts anfangen kann, aber ich sage mal so: es kommt nicht oft bei Videospielen vor, dass ich allein vor dem Bildschirm laut lache. Und mir fallen zumindest direkt zwei Sequenzen ein, bei denen das bei Return to Monkey Island der Fall war.
Klingt alles nach bekannten Stärken und Schwächen der Serie, könntet ihr jetzt denken. Aber was ist denn nun neu an Return to Monkey Island? Macht es irgendetwas anders oder sogar besser als die alten Teile? Wie so oft kommt das auf den Betrachter an. Ich nehme hier aber mal eine Sache zum Beispiel, die ich als großen Gewinn empfand: Eine Lösungshilfe im Spiel selber. Alle, die in der Vergangenheit mal P&C-Adventures gespielt haben, kennen dieses Problem: Ihr wisst einfach nicht weiter und kombiniert einfach mal wild alle möglichen Gegenstände in eurem Inventar mit allen möglichen Punkten auf dem Screen. Ich nenne das hier mal in engleutsch: Rätsel-bruteforcing. Haben alle damals gemacht, macht aber keinen Spaß. Oder man war halt super schlau und konnte sich wirklich ALLES erschließen – haben alle gelogen. Oder man hat damals, das war vor Internet, den Nachbarn gefragt, der ggf. sogar das Lösungsheft bei Mama im Büro kopiert hatte. Wir leben im Jahr 2022 und fast alle SpielerInnen, die vor eine solche Wand laufen, würden das heute mit drei Clicks lösen. Warum also nicht eine gestufte Hilfe im Spiel selber anbieten? Ich fand das als extrem gewinnbringend und ich schäme mich auch nicht zu sagen, ich habe das in einigen Fällen genutzt. Erstens wird einem nicht direkt die Lösung aufs Auge gedrückt und zweitens liegt die Lösung manchmal so nah, man hat einfach nur ein Brett vorm Kopf und sieht sie nicht. Es verhindert einfach Frust. Wer dafür zu stolz ist, alles gut, das Spiel zwingt euch die Lösung der Rätsel nicht auf.
Insgesamt fand ich die Rätsel, auch im Vergleich zu bekannten Vertretern des Genres aus den 90ern, eigentlich nie unlogisch. Klar, manchmal muss man erstmal alle möglichen Orte ablaufen und Personen ansprechen, bevor klar wird, wie die Reise weitergeht. Aber das gehört zum Genre und wer das partout nicht leiden mag, der sollte von Monkey Island besser eh die Finger lassen.
Ein paar strittige Punkte sehe ich aber auch. Ich hatte bereits selber die rhetorische Frage gestellt, was nun neu sei an Return to Monkey Island. Ehrlich gesagt, gar nicht so viel. “Moment!”, könnte jetzt der geneigte Hardcore-Fan schreien, “macht ja auch gar keinen Sinn! Soll ja eine Fortsetzung sein.” Das ist korrekt und mich hat es auch nicht wahnsinnig gestört, zumal meine Erinnerung an die alten Teile, wie beschrieben, mehr als grau ist. Aber man muss auch festhalten, dass wir die Charaktere und Schauplätze eigentlich schon kennen.
Auch steckt das Spiel so voller Hommagen an die alten Teile, von der reduzierten Tauchzeit des Guybrush, bis zum damaligen physischen Kopierschutz, der nun ein Rätsel im Game ist, dass man definitiv sagen muss, dass Spieler der alten Teile mehr aus dem Spiel ziehen können. Ob das für euch ein relevanter Minus- oder Pluspunkt ist, findet ihr am besten selbst heraus. Ich behaupte, dass auch neue SpielerInnen, das Spiel gut finden können, auch wenn ihnen Bezüge fehlen.
Es mag auch sein, dass in meiner naiven Kindheitserinnerung alles etwas verfälscht ist, aber ich hatte die ersten beiden Teile auch etwas “gruseliger” in Erinnerung. Wie oben schon beschrieben, zieht hier bitte die Erfahrungswelt eines Neunjährigen ab, aber für mich hatten Monkey Island als auch vor allem Maniac Mansion immer einen Hauch von “da ist etwas Unerklärliches, das etwas gruselig ist”. Sucht man hier vergebens, vielleicht bin ich aber auch einfach alt und abgestumpft.
Auch die ungleiche Aufteilung der Kapitel, es sind deren fünf, fand ich etwas seltsam. Ganz milder Spoiler: Kapitel 1 – 3 waren relativ schnell durchgerätselt und auch auf relativ wenige Screens/Locations beschränkt. Kapitel 4 öffnet das Spiel dann auf einen Schlag sehr weit auf und hat mit Abstand das meiste Fleisch am Knochen, um dann in Kapitel 5 wieder in einem sehr fixen Abschnitt zum “Ende” geführt zu werden. Und das Ende … also ich kann mir gut vorstellen, dass der eine oder die andere da auch etwas skeptisch auf den Bildschirm geschaut hat. Mir gefiel es, aber mehr schreib ich dazu nicht.
Ich habe vor dem Spielen bewusst nicht meine nebelhafte Erinnerung an die ersten Teile aufgefrischt, um mir einen “frischen Eindruck” von Return to Monkey Island zu machen. Was bleibt also in der Summe von Erinnerung minus aktuellem Erlebnis?
Ein wirklich gutes Point and Click Adventure, würde ich sagen, mit allen Stärken, die Monkey Island schon damals ausmachten und es auch heute noch tun. Wer mit dem Genre gar nichts anfangen kann, den wird auch dieses Spiel nicht bekehren. Für alte Fans der Serie jedoch ist es meiner Meinung nach sogar fast Pflicht, nicht nur der Nostalgie wegen. Ein bisschen Nostalgie wird für viele jedoch dazu gehören, inklusive meiner selbst. Die glorreichen Zeiten der Point and Click Adventures sind vorbei und auch ich bin nicht mehr der Junge, der solche Spiele so exzessiv spielen und lieben würde, wie in den 80ern und 90ern. Aber es war schön, mal wieder in diese Welt einzutauchen und ich hoffe sehr, dass nach dem Release irgendwo ein zufriedener Ron Gilbert mit seinem Team einen Grog ausgeschenkt hat, über Jahrzehnte seines Schaffens nachdachte und zu dem Schluss kam: “Früher war nicht alles besser, es war auch gut”. / Der Downloadcode wurde uns freundlicherweise bereitgestellt.