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Es ist etwa 1988 und irgendwo in Spanien, ich habe Pesetas in der Tasche und bin auf dem Weg zu der Halle mit dem Automaten, den ich schon beim Umschauen entdeckt habe und der gerade von einer Menge umringt wird: Terra Cresta (1985) von Nichibutsu, ein vertikal scrollendes Shoot ’em up und meine erste Arcade-Erfahrung überhaupt. In diesem Game kann das eigene Schiff aufgerüstet werden bis zum unzerstörbaren Phönix, das Gegnerdesign ist abwechslungsreich, insgesamt bietet das Spiel einiges an Innovation. Typisch für das damalige Game-Design-Standard hat Terra Cresta kein Ende, sondern looped nach einer Weile.
Für die Nintendo Switch habe ich es aus Nostalgiegründen nachgekauft und musste erleben, dass das Feeling der Arcade so einfach nicht reproduzierbar ist. Überhaupt ist das Thema Arcade in Deutschland eine Unbekannte. Da hier die klassische Spielhalle seit jeher mit Glücksspiel vermischt wurde, waren Spielhallen einem erwachsenen Publikum vorbehalten und wurden nicht selten sehr kritisch beäugt. Hier und da stand mal in einer Kneipe oder in einem Imbiss ein Automat oder ein Cabinet, auf dem Automaten Artworks vom Spiel, ein leicht schräger Röhrenmonitor, ein oder zwei Analogsticks und Buttons – der Standardautomat eben.
Im Ausland sah das schon anders aus. Tatsächlich war es unser direkter Nachbar – die Niederlande, der mir die Initialzündung gab, ein Arcade-Fan zu werden. Street Fighter 2 (Capcom 1991), um genau zu sein. Jetzt ging es nicht mehr primär um den High Score, sondern um meinen menschlichen Gegner, der gerade den Charakter Zangief gewählt hatte. Ken im roten Gi (traditionelle Martial-Arts-Uniform) feuert mit einer Viertelkreisbewegung und dem harten Schlagbutton den Hadouken Richtung Zangief. Zu guter Letzt verliere ich durch den Pile-Driver-Grab. Damn, next time – but good game … !
Da ich immer wieder die Chance hatte, im Urlaub die eine oder andere Arcade zu besuchen, wollte ich das Erlebnis auch als Home Entertainment. Fast immer waren dabei die Arcade-Originale nicht 1:1 umsetzbar, auch, weil die Peripherie teilweise recht speziell war und die Heimkonsolen und -computer zu schwach. Zum Beispiel Operation Wolf (Taito 1987), ein Lightgun-Shooter mit einer Uzi-Replika, die mit Rumble schon extrem cool war. Oder Hang On (1985) von Sega mit Mini-Motorrad. Die Arcade-Bibliothek ist gigantisch: SNK, Capcom, Sega, Konami sind für mich die größten Namen. Allein über SNK könnte man viel schreiben. Es ist eine Firma, die das 1-on-1-Fighting Game – wie ich finde – perfektioniert hat. King of Fighters ist ein 3-on-3-Fighter mit einem bunten Haufen an Charakteren aus dem SNK-Universum, bei dem ich euch insbesondere die 1998er Episode empfehlen kann!
Sega zeigte technische Stärke mit Super Scalern, also Renn- oder Flugspielen in „Pseudo-3D“, die in einer Zeit vor 3D ein Erlebnis waren. Konami produzierte absolute Actionkracher wie Contra (1987), wohl einer der bekanntesten Run ’n’ Gun-Shooter. Doch für mich persönlich immer noch der Major Player in Bezug auf Arcade Games ist Capcom mit der 194xer-Reihe Commando und natürlich der Street-Fighter-Reihe.
Heute ist bis auf die Spielhallen in Japan nicht mehr viel Arcade-Kultur übrig. Anfang 2020 war ich das das erste Mal in Tokyo und speziell der Stadtteil Akihabara oder auch Electric Town hat es mir dort besonders angetan. Arcades auf drei bis sechs Etagen, darunter natürlich nicht nur Games, sondern auch Ufo Catcher (einarmige Plüschtier-Grabber), welche einen fast in den Wahnsinn treiben können. Die Arcades in Tokyo sind Family Entertainment, vom Mario Kart Automat über strange Tanzmaschinen bis hin zum krassen House-of-the-Dead-Automaten mit Gruselfeeling. Hier und da entdeckte ich auch Klassiker. So saß ich in Tokyo zum ersten Mal an einem echten King of Fighters ’98. Wenn ihr aktuell Arcade-Originale zocken und nicht direkt ein ganzes Cabinet bei euch hinstellen wollt, gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, z. B. Arcade-Compilations, die gut emuliert die Titel teilweise verbessert oder mit kleinen Extras versehen wiederbeleben. M2 ist eine solche Company. Gerade das Shoot ’em pp („Shmup“)-Genre wird akribisch aufpoliert und für eine neue Generation verbessert.
Das Thema Arcade ist riesig und es gibt noch eine Menge mehr, über das es sich lohnt zu schreiben oder auch natürlich selber zu zocken. Ich habe seit einer Weile die Danmakus/Bullet Hell Shmups für mich entdeckt. Hier werdet ihr mit Projektilen in die letzte Ecke des Bildschirms gepresst und dazu noch von treibenden Techno Beats gepusht. Und dafür ist hauptsächlich ein Entwickler verantwortlich: Cave Ltd., eine japanische Shmup-Schmiede, die meiner Meinung nach das Genre mit Titeln wie Dodonpachi und Ketsui revolutioniert haben. Dazu nächstes Mal mehr!
Zum Abschluss: Wenn ihr das nächste Mal ein Arcade-Cabinet seht, gebt euch einen Moment und lasst euch zurückbeamen in die Hochzeit der Spielhallenkultur. Die Reist ist es absolut Wert!