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Sucker Punch war besonders in der letzten Konsolengeneration für die Infamous-Reihe bekannt und versucht sich wie Guerrilla Games und Bend Studio mit einer komplett neuen IP. Das feudale Japan hat noch keinen richtigen Fuß in die AAA-Branche gefasst, selbst Ubisoft hat immer noch nicht keinen Assassin’s Creed-Titel in Japan veröffentlicht. Ghost of Tsushima war viele Jahre bei Sucker Punch in Entwicklung und nun schließt sogar die Ära der PS4 ab. Und es ist ein toller Abschluss!

Ghost of Tsushima behandelt ein Setting, den man leicht vermasseln konnte. Die Invasion der Mongolen auf Japans Insel Tsushima ist besonders für ein amerikanisches Studio keine leichte Aufgabe. Ihr spielt Jin Sakai, einen Samurai, der sich auf die Invasion der Mongolen vorbereitet. Sucker Punch eröffnet das Spiel mit einem cineastischen Gänsehaut-Moment, fackelt nicht lange und geht einen Weg wie im Destiny 2-Intro, indem ihr nahezu alles verliert. Ein Mann, der mit Ehre erzogen worden ist, der von seinem Onkel beigebracht worden ist, dem Feind in die Augen zu schauen, bevor man tötet. Doch Jin merkt früh, dass er einen anderen Weg eingehen muss, damit er die Mongolen aus seiner Heimat vertreiben kann.

Die Geschichte in Ghost of Tsushima bleibt sehr bodenständig und orientiert sich etwas nach den Geschehnissen, die im 13. Jahrhundert stattfanden. Das heißt auch, dass Humor nahezu nicht vorhanden ist. Ghost of Tsushima ist ein düsteres Spiel, welches keine Fantasy-Elemente euch vorzeigen wird. Um nicht allzu viel zu verraten, erzählt Sucker Punch eine sehr ordentliche Geschichte. Jin Sakai ist ein Charakter mit Tiefe, der sich mit der Geschichte entwickelt. Er ist facettenreich und bleibt nie eindimensional. Seine Beweggründe sind oftmals nachvollziehbar. Nebencharaktere wie Sensei Ishikawa, Masako Adachi, Yuna und sein Onkel Shimura wurden ziemlich gut entworfen und liefern wichtige Momente im Spiel. Lediglich der Antagonist Khotun Khan war für mich etwas blass, obwohl er in den ersten paar Stunden einige sehr großartige Momente geliefert hat. Die Hauptmissionen sind die wahren Hingucker, wo Sucker Punch wirklich gelobt werden muss. Sie sind episch, liefern großartige Momente und sind äußerst unterhaltsam. Das gesamte Spiel ist so ca. 40-50h lang, wobei die ihr die Hauptstory schon nach ca. 20h beenden könntet. Zwar bietet das Spiel selten Dialogoptionen und keine Entscheidungsmöglichkeiten an, so habt ihr doch am Ende die Wahl zwischen zwei Enden.

Das Auffällige am Gameplay in Ghost of Tsushima ist, dass es die besten Mechaniken der Spiele aus den letzten Jahren nimmt. Es hat starken Ubisoft Einfluss, indem ihr Camps säubert, Points of Interest erledigt und nach und nach die Map säubert. Doch ganz großer Fokus ist auf den Combat gesetzt. Sucker Punch hat hier eines der wichtigsten Punkte im Spiel wundervoll entwickelt. Das Combat funktioniert fantastisch, bietet euch vier verschiedene Haltungen, die ihr nach und nach lernen werdet. Jede Haltung ist für bestimmte Gegner geeignet, um ihre Deckung schnellstmöglich zu brechen. Mit der R2 Taste kann man kann schnell durch die jeweiligen Haltungen wechseln. Das Combat mit dem Katana ist blutig und scheut nicht vor abgetrennten Körperteilen. Ist es herausfordernd? Definitiv. Besonders zum Anfang könnt ihr von kleinen Gruppen komplett überrannt werden. Es setzt auf Reaktionen voraus sowie ein bisschen Planung und Skill. Zwar könnt ihr euren Katana nur upgraden und die Waffe nicht ändern, so könnt ihr doch auf andere Mitteln greifen. Stealth ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Gameplays, obwohl das Schleichen wirklich einfach gehalten worden ist. Es gibt gewisse Gadgets wie Rauchbomben, Kunai, Haftbomben, Giftpfeile und weitere Möglichkeiten, sich die Gegner via Schleichen zu erledigen. Auch einen Bogen erhaltet ihr im Spielverlauf. Stealth ist zwar nicht immer notwendig, obwohl es in wenigen Missionen unabdingbar ist, still zu agieren, so kann man im späteren Spielverlauf mit der Eingewöhnung des Combat auch die Camps ohne Stealth säubern. Anders in vielen anderen Spielen, wird das Combat hier nie langweilig. Ihr könnt Gegner zu Duellen herausfordern, wobei hier wirklich die Reaktion wichtig ist.

Ghost of Tsushima ist ein Spiel, welches sich auch nach zehn Stunden Gameplay weiterentwickeln wird. Wo noch viele Spiele euch das Gameplay in sehr wenigen Stunden „eröffnen“, so lässt sich Sucker Punch Zeit und selbst in der Hälfte des Abenteuers lernt ihr neue Fertigkeiten kennen. Ein ganz wichtiger Bestandteil ist hier auch der „Ghost“, den ihr entfachen könnt. Habt ihr eine gewisse Anzahl an Gegnern erledigt, so wechselt ihr in einen Schwarz-Weiß-Modus, der euch ermöglicht, die Gegner mit einem Hieb zu töten. Dadurch fürchten sich die Gegner immer mehr und das Ganze wird einfach fantastisch präsentiert!

Eines der wichtigsten Features ist die Wind-Mechanik in Ghost of Tsushima. Das Spiel bietet zwar eine Map an, die wird aber auf dem HUD nicht angezeigt. Auch kein Kompass. Durch das Hochwischen auf dem Touchpad zeigt euch die Windrichtung euer nächstes Ziel an. Eine wirklich intuitive Lösung!

Die Spielwelt ist in drei große Zonen aufgeteilt, die ihr erst durch die Story freischaltet. Ebenfalls sind diese auch in drei Biomen aufgeteilt. Zwar bereist ihr die Welt mit eurem Pferd, den ihr zum Anfang aussuchen könnt, so gibt es auch gewisse kleine Quests oder POIs, die ihr ohne euer Pferd erledigen könnt. Die Spielwelt ist gefüllt mit Aufgaben wie Bambusstände, mit den ihr durch das richtige Drücken der Buttons zerschneiden müsst. Fuchsbaufälle, Haikus, bei denen ihr simpel nur meditiert, und selbst verständliche bekannte Aufgaben wie Camps säubern. Es gibt auch einige Schreine, für die ihr viel klettern müsst. Das Klettern ist zwar kein großer Aspekt, aber ähnlich wie in Zelda: Breath of the Wild, könnt ihr nahezu überall klettern, an den ihr euch festhalten könnt. Aber ja, wie ihr euch vorstellen könnt, irgendwann wird das Gameplay repetitiv. Ich hätte mir gewünscht, dass die Spielwelt etwas kleiner ausfallen würde und somit auch weniger POIs zu erledigen.

Der Skill-Tree ist eines der interessantesten, die ich in den letzten Jahren erlebt habe. Die Mechaniken, die ihr freischalten könnt, helfen euch wirklich im Gameplay und bieten mehrere Wege an, um euer Ziel zu erreichen. Nebenbei könnt ihr auch bestimmte Ressourcen sammeln um euer Katana upzugraden, Bogen, Gadgets und selbst Rüstungen. In der Spielwelt findet ihr außerdem mystische Geschichten, die mit einem Duell enden. Dabei könnt ihr am Ende eine besondere Rüstung erhalten. Die Geschichten sind wirklich interessant erzählt, generell hat Sucker Punch die Missionen außerhalb der Story recht gut entworfen. Die Rüstungen im Spiel sind ebenfalls ein wichtiger Aspekt und bieten euch diverse Boni an. Weniger gut sind die Kameraprobleme, mit denen ihr über das ganze Spiel kämpfen müsst. Die Kamera verläuft oftmals nicht mit und mit einem fehlenden Lock-In habt ihr ebenfalls Probleme.
Ich empfand die englische Vertonung für großartig! Die Sprecher gaben sich sehr viel Mühe, es wirkte sehr authentisch. Die deutsche Vertonung war ganz okay, aber ich würde euch die japanische oder englische empfehlen, wobei leider Sucker Punch die Lippen Synchronität in der japanischen Voiceover nicht gut hingekriegt hat. Was mir ebenfalls sehr gefallen hat, waren die Queststränge der Nebencharaktere, die sich gut in die Hauptstory eingefügt haben. Auch interessant ist, dass Sucker Punch deutlich kürzere Nebenmissionen entwickelt hat, die euch oftmals nur zehn Minuten kosten werden. Das ist ziemlich untypisch für die heutigen Open World-Spiele.

Visuell ist das Spiel eine Pracht! Ich bin erstaunt, wie fantastisch die Art Direction des Spiels ist. Die Mittel, die Kamerawinkel und die Musik, die Sucker Punch ausgewählt hat, um das Spiel zu präsentieren sowie die Cutscenes, die sehr aufwendig vorbereitet worden sind, sind mehr als nur ausgezeichnet! Die Welt sieht großartig aus, Laub bewegt sich pausenlos über dem Boden, die Geräusche in den Wäldern sind sehr authentisch und generell die visuelle Grafik ist eine erstaunliche Leistung! Bei den Animationen bin ich nicht ganz umgehauen worden, besonders nach The Last of Us: Part II kann das zwar ein Dorn im Auge sein, doch ist definitiv nicht ein negativer Punkt. Die Gesichtsanimationen sind toll, der dynamische Tag/-Nachtwechsel ist sehr stimmig und auch die dynamischen Wettereffekte wurden fein implementiert. Lobenswert ist ebenfalls der Soundtrack. Ein ganz großer Moment ist, als das Spiel mit dem Titel präsentiert wird und hier zeigt Sucker Punch all seine Muskeln auf. Es ist eine Augenweide! Ich habe um die 130 Screenshots im Spiel erstellt. Optional ist auch der Kurosawa-Modus, der euch das Spiel in Schwarz-Weiß spielen lässt.

Ghost of Tsushima fing mit dem Intro sehr interessant an. Die kommenden Stunden waren etwas zäh, und es dauert wirklich, bis sich das komplette Spiel entfaltet. Doch es ist ein leidenschaftliches Produkt und eine sensationelle neue IP, auf die Sucker Punch mehr bauen sollte. Die Geschichte ist bodenständig, präsentiert unterhaltsame Hauptmissionen und interessante Charaktere. Jin ist ein vielschichtiger Charakter, der mir zwar zum Anfang nicht gerade zugesagt, doch sich gut entwickelt hat! Das Gameplay kann zwar nach 30h eintönig werden, doch das Combat hat mich nie gelangweilt. Ein Aspekt, für den Sucker Punch absolut keine Erfahrung hatte, haben sie mit viel Lob gemeistert.

Grafisch ist zwar Ghost of Tsushima ein schöner Titel, doch in keinem Spiel sah ich solch gut durchdachten Cutscenes, eine solch gute künstlerische Leitung, die man mit wundervollen Momenten erstellt hat. Ghost of Tsushima ist ein großartiges Spiel mit Problemen, mit denen man immer kämpfen muss, aber sie trüben nie den Spielspaß. Die Stärken, wie das Erkunden, das Combat aber auch die spannende Story mit denkwürdigen Momenten, liefern ein gelungenes Abenteuer ab. / Download-Code von SIEE bereitgestellt.

Olu
Olu
Ich zocke im Grunde genommen nahezu alles, Ausnahme sind eher MMOs und Fighting Games. Ganz großer Fan von Sonys 1st-Party-Spielen!

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