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Wenn ich darüber nachdenke, wie ich Half-Life 2 vielleicht meinen Enkeln in einem Wort beschreiben soll, dann fällt mir nur das Wort „Klassiker“ ein. Ein Wort das der Duden wie folgt definiert: „Arbeiten die als mustergültig und bleibend angesehen werden“. Nicht mehr und nicht weniger ist Half-Life 2. Diese Perle im unendlich großen Spieleuniversum hat mich, wenn ich grob schätzen müsste, mehrere hundert Stunden lang begleitet und wir sprechen hier nur vom Story-Modus – nicht vom Multiplayer. Aber was macht dieses Spiel so einzigartig und lässt mich und andere Spieler*innen auch 17 Jahre nach dem Release immer wieder zum Spiel greifen?
Am 16. November 2004 erschien das hochgelobte Half-Life 2, der Nachfolger des 1998 veröffentlichten Half-Life, dass mit seinem neuen und frischen Spielprinzip die Spielwelt auf den Kopf stellte. Entwickelt wurde Half-Life 2 von Valve und wurde vom Partner Vivendi Universal vertrieben. Aber um was geht es eigentlich in Half-Life 2? Gordon Freeman macht sich 20 Jahre nach den Ereignissen von Half-Life auf, bewaffnet mit seiner Brechstange und seinem Schutzanzug, die Welt rund um die Stadt City 17 ein kleines bisschen sicherer zu machen. Denn aufgrund der Ereignisse von Half-Life konnte eine außerirdischen Rasse namens Combine, die Erde innerhalb von sieben Stunden in Besitz nehmen. Dr. Breen, der ehemalige Verwalter von Black-Mesa wurde eingesetzt, um die Ausbeutung der Erde zu überwachen bzw. sicherzustellen. Erzählerisch wird der Spieler genauso im Unwissen über die Ereignisse gelassen wie die Hauptfigur. Denn Gordon weiß nicht was die letzten 20 Jahre passiert ist. Dies erfahren wir erst Stück für Stück im Laufe des Spiels. Darüber hinaus gibt es kein klassisches Intro, nur eine Zugfahrt, in der der Spieler die Spielwelt zu ersten Mal bestaunen kann – auch auf ein Tutorial wurde verzichtet. Wir müssen die Mechaniken mit Hilfe von kleinen Aufgaben im Spiel situativ erlernen, eine von mir sehr geschätzte Art und Weise die Atmosphäre des Spiels direkt aufzusaugen. Wie bereits im Erstling ist Valve dadurch eine authentische Welt gelungen.
Im Spiel kämpft sich Gordon Freeman in mehr oder weniger schlauchartigen Leveln von Schauplatz zu Schauplatz und muss mit bekannten und neuen Waffen die Combine und deren Handlager ausschalten. Wie auch im Vorgänger bleibt Gordon stumm. Ein kleiner, aber feiner Kniff der Entwickler, damit wir uns besser mit Gordon identifizieren bzw. in seine Rolle schlüpfen können. Die Vielfalt der Level ist nach wie vor atemberaubend. Von einem Zombie verseuchtem Dorf (Ravenholm) bis zur wunderschönen Küstenstraße (Highway 17) findet sich der Spieler immer wieder in einem wundervoll gestalteten neuen Setting wieder. Die Level selbst sind sehr organisch gestaltet sodass man nie das Gefühl hat immer nur einen Weg gehen zu können. Die Atmosphäre die das Spiel dabei zaubert liegt wie bereits erwähnt daran, dass wir nie die Perspektive der Hauptfigur verlassen und keine erklärenden Zwischensequenzen den Spieler aus dem Spielgeschehen herausreißen. Etwas, woran sich Valve mit Half-Life durchaus als Vorreiter bezeichnen kann und die Industrie – bzw. wie Geschichten erzählt werden, positiv beeinflusste. Es gibt keine klassischen Missionen die wir abarbeiten oder erledigen müssen, sondern das Spiel ist mehr wie ein Spielfilm in den wir abtauchen und sich zurechtgefunden werden muss.
Was das Spiel grafisch geleistet hat, kann man im Nachhinein nur erahnen: Die gesamte Spielwelt sah spektakulär aus und hat neue Maßstäbe gesetzt. Leider konnte ich das 2004 noch nicht so erleben, da mir als Azubi schlicht das Geld für einen High-End PC fehlte. Auch deshalb ist es inzwischen eine kleine aber feine Tradition, sollte ich wieder ein neues Stück Hardware kaufen, wird Half-Life 2 noch einmal durchgespielt. Auch wenn wir inzwischen durch Triple-A-Titel wie Battlefield und Co. Hochglanz Grafik und Spiegelungen ohne Ende gewöhnt sind, ist Half-Life 2 sehr gut gealtert und begeistert mich auch heute noch. Was neben der Grafik das Spiel so außergewöhnlich machte, war die frisch von Valve selbst entwickelt Source Engine. Mit dieser Technik war es möglich u. a. realistische Gesichtsanimationen und Bewegungsabläufe auf die Figuren und Charakter abzubilden. Die Begleitcharaktere und Gegner waren also keine willenlose Bitmaps, um es etwas überspitzt zu formulieren, sondern bewegten sich fast menschlich durch die Level. Besonders bei den Kämpfen fielen die Gegner nach Treffern zum ersten Mal realistisch zu Boden oder wurden, beim Einsatz der Gravity-Gun, gegen die Wand geschleudert.
Was mich zum nächsten Schmankerl in Half-Life 2 bringt – die Havok-Physik-Engine. Mit dieser war es möglich, dass sich Gegenstände realistisch in der Spielewelt verhielten und um das Ganze auf die Spitze zu treiben, spendierten die Entwickler Gordon Freeman die wunderbare Gravity-Gun mit der er Gegenstände anheben, werfen und fallen lassen konnte. Dieses völlig neue Spielzeug machte es möglich auch Gegner zu besiegen, wenn die Munition mal knapp war. Wenn das passierte, einfach gezielt einen Stuhl oder ein Fass nach dem Gegner werfen und damit war das Problem erledigt. Durch die Einführung der Physik-Engine in Half-Life 2 waren weitere Spielereien möglich, um die graue Masse im Kopf auf Trab zu halten. An verschiedenen Stellen im Spiel finden wir einige Rätsel u. a. physikalische Denkaufgaben bei denen die Gravity-Gun benutzt werden musste um im Spiel weiter voran zukommen. Zum Beispiel musste eine Wippe in eine Rampe umfunktioniert werden oder aus Betonblöcke erschufen wir eine nicht ganz fachgerechte Treppe.
Abgerundet wurde dieses Paket mit den neu eingeführten Fahrzeugen. Diese waren eine perfekte Ergänzung um das bereits bestehenden Gameplay. Gordon konnte größere Entfernungen überbrücken um auch andere Locations zu erreichen bspw. Ravenholm und Highway 17. Zur Auswahl standen zwei Fahrzeuge: Ein Sumpfboot, zur Reise durch ein Netz von Kanälen und einen Strand-Buggy, mit dem wir den Highway 17 entlangfahren durften. Eine weitere Neuerung war, dass Gordon Freeman nicht mehr alleine unterwegs war, in zwei Kapiteln wurde er von vier Rebellen begleitet. Diese konnten in die Kämpfe eingreifen und Gordon mit Munition und Erste-Hilfe-Paketen versorgen. Zwar waren die Helfer nicht spielentscheidend aber sorgten trotzdem dafür, dass man sich nicht so alleine fühlte.
Genauso überzeugend wie die Grafik und das Gameplay ist auch der Sound des Spiels. Jedes Level und jeder Abschnitt glänzt mit atmosphärischer Hintergrundmusik. Die Waffensounds “knallen” und die Geräusche der Gegenstände, die wir mit der Gravity-Gun anheben können wirken realistisch und passen sich perfekt in das Spiel ein. Die Synchronisation der Charakter überzeugt in der englischen Sprachausgabe ebenfalls, leider konnte 2004 die deutsche Sprachausgabe da nicht mithalten. Aber ich empfehle jedem Spieler Half-Life 2 in Englisch zu spielen, um das irre Spielgefühl mitzunehmen.
Marco schrieb im übrigen vor gut fünf Jahren ein Rückblickend zu Half-Life und wer mag schnuppert auch da mal rein!
Genau diese Punkte machen für mich das Spiel zu einem Klassiker mit hohem Wiederspielwert, dass Spiel wird einfach nie langweilig. Die Entwickler*innen haben dafür gesorgt, dass das Spiel immer zu richtigen Zeit die Geschwindigkeit oder die Umgebung wechselt, damit wir nicht aus dem Spielfluss gerissen werden. Die perfekte Symbiose aus Ego-Shooter, Rätseln und Erkundungstouren – dazu sah das Spiel damals fantastisch aus und ist auch heutzutage noch schick anzusehen. Inzwischen habe ich Half-Life 2 um die 20 – 30-mal durchgespielt – meistens an Weihnachten nehme ich mir die Zeit um noch einmal mit Gordon Freeman die Welt zu retten. Jede/r, die/der entweder zu jung war oder bisher nicht die Zeit gefunden hatte sollte es spielen! Zu erwähnen gilt es noch, dass Half-Life 2 noch zwei Standalone-Titel hinzugefügt wurden: Half-Life 2: Episode One und Two bei denen wir die Ereignisse nach Half-Life 2 erleben konnten. Auch diese Titel überzeugen mit guter Grafik und tollem Gameplay.